Konzertreise nach Rumänien

22.10. Schwarze Kirche in Brasov - Oratorium Elias

19.10. Universität Brasov - Geistliche Chormusik

 

 

Konzertreise nach Rumänien

Im Jahr 2005 standen zum 10-jährigen Bestehen des Ensembles zwei besondere Höhepunkte für den Kammerchor Wilhelmshaven auf dem Programm: Zunächst führte der Kammerchor Wilhelmshaven an Pfingsten zusammen mit dem Hochschulorchester der Universität "Transilvania" aus Rumänien das Oratorium "Elias" von Felix Mendelssohn Bartholdy auf. Der zweite Höhepunkt des Jahres war der Gegenbesuch des Chores in der Heimat der Orchestermusiker in Rumänien, vom 17. Oktober bis zum 23. Oktober 2005. Während der gemeinsamen Studienzeit an der Würzburger Musikhochschule, wurde die Idee, eine künstlerische Partnerschaft zwischen Musikern aus Wilhelmshaven und Brasov aufzubauen zwischen Gerrit Junge und Steffen Schlandt begründet und mit dem ersten gemeinsamen Projekt in die Tat umgesetzt.

Montag, der 17. Oktober, begann bei den meisten Chormitgliedern bereits sehr früh: Um sechs Uhr morgens trafen sich die Sänger und Sängerinnen bereits in Oyten bei Bremen, um von dort aus zum Hamburger Flughafen zu fahren. Gegen neun Uhr, so war es geplant, sollte das Einchecken beginnen. Die Fahrt verlief problemlos und alle Chormitglieder kamen rechtzeitig in Hamburg an. Nicht ganz so pünktlich verhielt es sich mit den Flugzeugen: Eine gute Stunde Verspätung veranlasste manch einen Langschläfer dazu, sich das heimische Bett zu wünschen, in dem er eine Stunde länger hätte schlafen können.

Die Flüge verliefen ohne nennenswerte Komplikationen und nach ein paar Stunden Flug und einer Zwischenlandung in Budapest, Ungarn, wurde Bukarest, die Hauptstadt Rumäniens, erreicht.
Als die Gepäckstücke von den Laufbändern geborgen wurden, fiel schnell auf: Drei Schlafsäcke hatten den langen Weg nach Rumänien nicht gewagt und ein Koffer war auf brutale Weise beschädigt worden. Ob es wohl Zufall war, dass die fehlenden Schlafsäcke ausgerechnet den Mädchen gehörten, die an diesem Tag zum ersten Mal geflogen waren?

Dank der mitgereisten Freundin eines Chormitgliedes, die Rumänin ist, konnte sich schnell herausstellen lassen, dass zumindest zwei der drei Schlafsäcke in Hamburg geblieben waren und in den nächsten Tagen in Rumänien ankommen würden. Doch die fehlenden Sachen konnten der guten Stimmung nichts anhaben.

Es folgte eine dreistündige Busfahrt nach Brasov, durch die schneebedeckten Berge der Kaparten. Es war, als hätte man kurzfristig das Ende des Jahres vorverlegt. So weit man gucken konnte, lag Schnee, teilweise über 15 cm hoch. Weihnachtsbeleuchtung hing an den Fenstern und eine gewisse vorweihnachtliche Stimmung machte sich breit, was dazu führte, dass auf der Weiterfahrt Weihnachtslieder gesungen wurden.

Insgesamt brauchte der Bus weitaus länger als die eingeplanten drei Stunden, da der neu gefallene Schnee die Fahrbahn gefährlich rutschig gemacht hatte und das Vorankommen in der bergigen Landschaft nur sehr langsam vonstatten ging. Alle Reisenden waren erleichtert, als sie den Schriftzug „Brasov“ stolz auf einem Berg prangen sahen, wie es der Hollywood-Schriftzug nicht hätte besser machen können. Müde, erschöpft, aber dennoch froh erreichte der Kammerchor das Pfarrhaus der Schwarzen Kirche und wurde zur Begrüßung von einem Teil des Jugendchores der Schwarzen Kirche musikalisch begrüßt.

Am Dienstagmorgen fand die erste Probe um zehn Uhr statt. Erste Töne wurden wiederholt, um sich auf das Konzert am nächsten Tag vorzubereiten, das in der Universität der Stadt aufgeführt werden sollte. Das A-Capella-Programm bestand aus romantischen Kompositionen von Felix Mendelssohn Bartholdy („Jauchzet dem Herrn, alle Welt“, „Trauergesang“), Johannes Brahms („Fest- und Gedenksprüche für achtstimmigen Chor a capella“), Hugo Wolf („Sechs Geistliche Lieder nach Gedichten von Joseph von Eichendorff für gemischten Chor a capella) und Max Reger („Morgengesang“, „Unser lieben Frauen Traum“ und „Nachtlied“).

Für den Nachmittag war ein Stadtrundgang vorbereitet, der die mittelalterliche Befestigungsstruktur Brasovs verdeutlichte. U.a. wurde der Chor über die historischen Hintergründe skurriler Gegebenheiten unterrichtet, wie z.B. dem Schwarzen Turm, der paradoxerweise aus weißem Stein gebaut war.

Der Mittwoch stand im Zeichen des A Cappella Konzertes in der Universität. Dieses Konzert wurde von der Neuapostolischen Kirche veranstaltet und dessen Vertreter und Präsident, Apostel Cone, begrüßte sowohl Chor als auch Publikum in herzlicher Art und Weise. Das Konzert kam bei dem Publikum sehr gut an, sodass in einer Zugabe ein musikalischer Gruß aus dem Norden Deutschlands und damit der Heimat des Chores im Lied „Dat du min Leevsten büst“ gegeben werden konnte.

Der Abschluss des Tages verbrachte der Kammerchor anschließend gemeinsam in einem in sächsischem Stil eingerichteten Restaurant mit einem prima Live-Pianisten und vorzüglichem Essen.

Am Vormittag des Donnerstags stand eine Konzertnachbesprechungsprobe auf dem Programm. Detailliert wurde das Konzert nochmals rekapituliert und nachbearbeitet.

Anschließend war zum ersten Mal Freizeit angesagt. Bis 17 Uhr konnte jeder tun und lassen, was er wollte. Manche gingen zu ihren Familien und schliefen, andere gingen in die nur 300 Meter entfernte Einkaufsstraße, wiederum andere tranken einen Kaffee.

Die Sonne schien an diesem Tag zum ersten Mal und man konnte das Wetter dazu nutzen, die Schals und Handschuhe abzulegen und sich auf einer Bank tatsächlich ein bisschen bräunen zu lassen.

Aufgetankt durch die rumänische Sonne und gestärkt vom Mittagsschlaf stand nun die erste Chorprobe in der Schwarzen Kirche bevor. Der Bach-Chor aus Brasov ( = Kronstadt) unter der Leitung von Steffen Schlandt war bereits anwesend, als der Kammerchor um 17 Uhr in der Schwarzen Kirche eintraf. Nach einem kurzen Einsingen wurden ein paar Stücke aus dem Elias angesungen bei denen es – bedingt durch die schwierige Akustik der Kirche – zunächst Schwierigkeiten des Zusammenfindens gab. Daher wurde die Fortsetzung der Probe im „trockeneren“ Pfarrhaus notwendig.

Im Anschluss an diese Probe folgte für den Kammerchor noch eine Probe zur Vorbereitung auf den Gottesdienst am Sonntagvormittag, in dem u.a. auch Lieder aus dem rumänischen Gesangbuch der Neuapostolischen Kirche, gesungen werden sollten. Unter der Aussprachenleitung von „Dolmetscherin“ Ana Mesaros verlief reibungslos, aber nicht akzentfrei!

Am Freitagvormittag wurde für interessierte Sängerinnen und Sänger eine Reise zu nahe gelegenen Kirchenburgen und zur Besichtigung einer Orgelbauwerkstadt angeboten. Diese informative und interessante Fahrt wurde aufgrund der Schönheit und Idylle dieser Bauten für viele zu einem eindrucksvollen Erlebnis.

Die am Freitagabend angesetzte Generalprobe verlief musikalisch auf hohem Niveau und die Abstimmungsprobleme konnten deutlich reduziert werden.

Während der Bass-Arie „Es ist genug“ fiel dann plötzlich der Strom aus und alle rund 170 Mitwirkenden saßen plötzlich im Dunkeln. Diesem unerwarteten Dunkel begegneten die Sängerinnen und Sänger des Kammerchores spontan mit dem Lied „Nicht immer wird es dunkel sein, nicht immer bleibt es Nacht“. Weitere Lieder folgten, so dass die Zeit im Dunkeln und wie im Fluge verging. Es dauerte eine ganze Zeit, bis das Licht wieder funktionierte. Anschließend konnte die Probe jedoch ohne weitere Zwischenfälle bis zu einem erfolgreichen Ende fortgesetzt werden.

Am Samstagvormittag stand eine Korrekturprobe auf dem Programm. Diese reine Chorprobe aller drei Chöre diente zu einer letzten Abschlussbesprechung. Bereits um 16 Uhr begann das Konzert mit der Elias-Aufführung. Die letzte Aufführung dieses Oratoriums in Brasov war bereits im Jahre 1912!

Das vom Auswärtigen Amt, dem Goethe-Institut und dem Land Niedersachsen geförderte Konzert war ein voller Erfolg. Bei dem abendlichen Buffet, das von der Deutschen Botschaft ausgerichtet wurde waren von allen Seiten positive Stimmen zu hören.

Bepackt mit allen Koffern, Reisetaschen und vorhandenen, nachgeschickten oder immer noch verschollenen Schlafsäcken brachen alle Mitglieder des Kammerchor Wilhelmshavens am Sonntag zum Gottesdienst auf. Wer Glück hatte, hatte sich die Adresse richtig aufgeschrieben, und auch die kleine Cedille am „s“ nicht vergessen.

Letztendlich fanden jedoch alle den Weg in die Kirche zum Gottesdienst, der von Ana aus dem Rumänischen ins Deutsche übersetzt wurde und vom Kammerchor musikalisch umrahmt wurde. (Überraschenderweise verstanden die rumänischen Gottesdienstbesucher tatsächlich, was der Kammerchor auf Rumänisch sang!) Gleich nach dem intensiven Gottesdienst begab sich der Chor dann auf die Heimreise. Auf der Rückreise wurde auch kein Gepäck beschädigt oder vermisst und selbst das in Rumänien erstandene Cello blieb heil.

Gegen zwanzig Uhr fanden sich alle auf dem Kirchenparkplatz in Hamburg ein, wo die Autos geparkt waren. Ein dankendes Gebet beendete die schöne und eindrucksvolle, lehrreiche und vor allem wiederholenswerte Reise nach Rumänien.

 

(AB)